Väter im Kreißsaal – Helfer oder Störenfried?
Vor 50 Jahren waren Väter im Kreißsaal noch ein Tabu. Dagegen erleben heute 82 Prozent der Papis die Geburt ihrer Kinder hautnah mit, wie eine Studie des Allensbach-Instituts kürzlich ermittelte. Die werdenden Papas möchten eben von Anfang an das Leben ihres Kindes begleiten. Doch Vorsicht! Nicht selten gehen die Väter völlig unvorbereitet mit in den Kreißsaal und kippen prompt aus den Latschen.
US-Forscher fanden heraus, dass manche Männer, die einen zu intensiven Blick auf den unteren Körperteil der Gebärenden warfen, sogar unter einer Form der Wochenbettdepression litten. Vor allem das partnerschaftliche Liebesleben der jungen Eltern war anschließend für eine Dauer von bis zu zwölf Monaten beeinträchtigt.
Unvorbereitete Väter können also im entscheidenden Moment eine zusätzliche Last für Hebamme und Arzt sein, die sich voll auf die werdende Mutter konzentrieren müssen.
Doch so weit muss es nicht kommen. Hebammen wissen: die neun Monate der Schwangerschaft geben auch den baldigen Papas die Möglichkeit sich auf die Geburt vorzubereiten. So können die Väter ihrer Partnerin hilfreich zur Seite stehen und das Band mit dem eigenen Kind von Beginn an stärken.
Soll ich, soll ich nicht? Ob der Mann bei der Geburt seines Kindes dabei sein möchte, sollte seine eigene Entscheidung sein. Da müssen auch die Mamas etwas Geduld und Verständnis für ihre Liebsten aufbringen.
Sätze wie „Nicht du bekommst das Kind, sondern ich. Du musst ja nur zugucken“, helfen den Vätern nicht weiter. Die Entscheidung, bei einem so einschneidenden und aus manchen Perspektiven auch erschreckenden Ereignis dabei zu sein, sollte wohl überlegt werden.
Geburtsvorbereitungskurs für „schwangere“ Väter
Da aber statistisch die meisten Väter bei der Geburt dabei sein wollen, bieten Hebammen Geburtsvorbereitungskurse für Papas an. So schön eine Geburt auch sein kann, so stressig, blutig und aufwühlend ist sie manchmal auch.
Videos von Geburten und eine Erläuterung des genauen Geburtsvorgangs bereiten die werdenden Väter auf die Realität im Kreißsaal vor.
Kreißsaal kommt ursprünglich von dem altdeutschen Wort „kreißen“ für „schreien, stöhnen“, so wird Mann ebenfalls damit vertraut gemacht, dass manch wehengeplagte Frau die befremdlichsten Laute von sich gibt.
Auch das so beliebte Durchschneiden der Nabelschnur durch den Vater sollte Mann sich zuvor überlegen.
Die Plazenta, die das Kind im Mutterleib über die Nabelschnur mit Nährstoffen versorgt hat, ist Teil der Nachgeburt, die Nabelschnur selbst ist sehr dick und es erfordert Kraft sie durchzuschneiden.
Für das ungewohnte Auge können die blutige Plazenta und die rot-weiße Nabelschnur eklig aussehen.
Übrigens – keine Sorge – dem Kind tut das Durchtrennen der Nabelschnur nicht weh. Andererseits erleben viele Väter diesen Moment als einen ganz besonderen Augenblick: Denn sie trennen die körperliche Verbindung zwischen Mutter und Kind und werden selbst ein aktiver Teil im Leben des neuen Familienmitglieds.
Eine sorgsame Vorbereitung kann dem frischgebackenen Vater also statt Schrecknisse viele wunderschöne Erinnerungen bescheren.
Unter Männern, die dasselbe Schicksal teilen, können angehende Papas in den Geburtsvorbereitungskursen genau die Fragen stellen, die ihnen auf der Seele brennen.
Ganz ungeniert entsteht ein kommunikativer Austausch zwischen den Männern, die sich so gegenseitig Ängste und Unsicherheiten nehmen können.
Hebammen-Insidertipps für Väter
Koffer packen: Geburten können von Stunden bis zu ganzen Tagen dauern. Für die Vatis halten aber die wenigsten Krankenhäuser Betten bereit. Hebammen raten deshalb auch den Papas eine Tasche zu packen, wenn es mit Wehen ins Krankenhaus geht. Ganz wichtig sind eine sich selbst aufblasende Matratze, eine Decke und ein frisch aufgeladener Handyakku (denn es tut selbst dem stärksten Mann gut zwischendrin mal mit dem besten Kumpel oder der Familie zu sprechen).
Rückzug: Es nützt im Kreißsaal niemandem etwas, wenn der Papi bei der Geburt des Nachwuchses in Ohnmacht fällt. Deshalb raten Hebammen dazu lieber ehrlich zu sein und sich mal ganz kurz auf die Toilette zu verabschieden oder draußen einen starken Kaffee zu trinken, wenn Mann sich unwohl fühlt.
Sitzen bleiben: Überhaupt ist es für die werdenden Väter ein guter Rat sitzen zu bleiben. Denn im Stehen ist die Gefahr, dass der Kreislauf absackt und Mann in Ohnmacht fällt größer. Platz ist am Kopf der Frau: Ob im Sitzen oder im Stehen, der Platz des Mannes ist immer am Kopf der Frau. Denn was „dort unten“ passiert ist für die meisten angehenden Vatis nicht geeignet.
In Folge der genaueren Betrachtung gab es schon Männer, die entweder in Ohnmacht oder in einen Schock gefallen sind, wissen Hebammen. Manche Vorgänge während einer Geburt – so natürlich sie auch sein mögen – sollten eben nur den medizinischen Fachkräften gegenwärtig sein.
Passiv statt Aktiv: Vielen Männern fällt es sehr schwer, die Liebste leiden zu sehen und ihr nicht helfen zu können – das ist ganz normal.
Wichtig ist es, sich nicht aus Hilflosigkeit zu Sprüchen im „Jetzt streng dich halt mal an“-Stil hinreißen zu lassen. Hebammen sind gute Coaches, sie verstehen es die Gebärende zu motivieren, an ihr kann sich auch der werdende Vater orientieren.